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Position AK-EL

Kinder- und Jugendhilfe droht zu kollabieren!

Die Kinder- und Jugendhilfe in Baden-Württemberg leistet einen großen Beitrag für die Zukunft unserer Gesellschaft. Freie und öffentliche Träger haben sich in den vergangenen Jahren verlässlich an Lösungen der anstehenden Probleme beteiligt. Dabei sind die Institutionen und ihre Mitarbeitenden oft weit über die Grenzen des Leistbaren hinausgegangen. Alle Akteure sind stark belastet, fühlen sich allein gelassen und haben große Sorge um die Entwicklung unserer Gesellschaft.

Erschwerend kommt hinzu, dass nicht nur die Kinder- und Jugendhilfe, sondern auch die begleitenden Systeme überlastet sind. Auch das System Schule, die Kinder- und Jugendpsychiatrie, sowie psychotherapeutische Praxen sind offensichtlich nicht mehr in der Lage den aktuellen Herausforderungen adäquat zu begegnen.
 

Die junge Generation darf nicht weiter benachteiligt werden!

Die Probleme sind bekannt, werden aber nicht wirklich angegangen, weil Politik und Gesellschaft offensichtlich nicht bereit sind, ausreichende Ressourcen für die junge Generation zur Verfügung zu stellen. Politik und Gesellschaft müssen klären, was ihnen die Kinder und Jugendlichen wert sind und wieviel Geld sie in IHRE Zukunft investieren wollen. Wir werden die gesellschaftlichen Herausforderungen nur in den Griff bekommen, wenn wir mehr Ressourcen mobilisieren, neu denken und vor allem jetzt auch handeln!
 

Fachkräfte durch bessere Rahmenbedingungen halten und neue gewinnen


Wir müssen die engagierten Fachkräfte in der Jugendhilfe halten und neue Menschen für die Arbeit begeistern. Dazu ist es notwendig, die Belastungsfaktoren für die Mitarbeitenden zu reduzieren und ihnen vor allem mehr Möglichkeiten zu schaffen, pädagogisch wirksam zu sein.

Die aktuellen Rahmenbedingungen in den stationären Hilfen sind nicht ausreichend für das Klientel, das derzeit betreut wird. Die Zahl der Mitarbeitenden reicht nicht aus, um eine fachliche und rechtlich erforderliche Rund-um-die-Uhr-Betreuung sicherzustellen: Die Vormittagslücke ist nach wie vor nicht abgedeckt, der Beginn der Nachtbereitschaft ist mit 22 Uhr unrealistisch, und die realen Ausfallzeiten der Mitarbeitenden sind nicht ausreichend berücksichtigt. Wir brauchen Personalschlüssel, mit denen die Überlastungen verhindert und die pädagogischen Notwendigkeiten sowie die gesetzlichen Vorgaben nachweislich erfüllt werden können. Die Grundbetreuung im Rahmenvertrag muss entscheidend erhöht werden.

Weitergehend müssen ausreichend Ressourcen für die Ausbildung zur Verfügung stehen und die gesellschaftliche Wertschätzung gesteigert werden. Wir sind überzeugt, dass wir damit mehr Menschen für die Arbeit in der stationären Jugendhilfe gewinnen können.


Lösungsvorschläge:

  • Realistische Neu-Kalkulation der Netto-Jahresarbeitszeit, die die aktuellen Realitäten im Arbeitsfeld berücksichtigt
  • Erweiterung der Personalschlüssel zur Abdeckung einer durchgehenden Betreuungszeit von 6 - 23 Uhr
  • Höhere Anrechnung der Nachtbereitschaftszeiten mit 50% statt 25% als Arbeitszeit
  • Mind. 35 Stunden Doppelbesetzung pro Woche im Personalschlüssel berücksichtigen
  • Bessere finanzielle Anerkennung der schwierigen Aufgabe in der stationären Erziehungshilfe
  • Mehr Möglichkeiten zur Qualifizierung und Einbindung von Nicht-Fachkräften
  • Finanzierung eines Ausbildungsplatzes über das Entgelt zusätzlich pro Wohngruppe
  • Ressourcen für die Einarbeitung neuer Mitarbeitender zur Verfügung stellen
  • Gemeinsame Anstrengungen von Jugendämtern und Einrichtungen zur Personalgewinnung
  • Rahmenbedingungen zur Fachkräftegewinnung in den fachlichen Gremien gemeinsam besprechen (AG §78 und KKJH)
  • Kampagne zur Steigerung der Wertschätzung sozialer Berufe durch das Land
     

Rahmenvertrag an die Notwendigkeiten anpassen


Bei der im Rahmenvertrag hinterlegten personellen und sachlichen Ausstattung der
Einrichtungen werden die veränderten Pflichtaufgaben und Realitäten nicht mehr ausreichend
berücksichtigt. Die Einrichtungen werden mit der Verantwortung für die Einhaltung von
gesetzlichen Vorgaben allein gelassen. Die gestiegenen Anforderungen im Kinderschutz,
Datenschutz und bei der IT-Sicherheit werden im Rahmenvertrag nicht ausreichend
berücksichtigt. Der Rahmenvertrag muss hier an die gestiegenen Bedarfe angepasst werden.


Lösungsvorschläge:

  • Personalschlüssel für Verwaltung und Leitung an gestiegene Anforderungen anpassen
  • Ressourcen für Kinderschutz, Datenschutz und IT-Sicherheit zur Verfügung stellen
  • Anerkennung und realistische Erhöhungen bei Sach- und Investitionskosten
  • Schaffung eines realistischen Risikozuschlags als Bestandteil des Entgeltes


Jugendhilfe braucht Kooperation mit anderen Systemen


Die Jugendhilfe erlebt sich zunehmend als Auffangbecken für Probleme, für die in anderen
Systemen (z.B. Schule) offensichtlich keine Lösungen gesucht oder gefunden werden. Die
Kommunikation zwischen Schule und Jugendhilfe muss dringend intensiviert werden. Auf allen
politischen Ebenen müssen über einen regelmäßigen Austausch Lösungen für die aktuellen
Probleme gesucht werden.


Auch im Hinblick auf die Inklusion entsteht der Eindruck, dass sich andere Systeme nur sehr
träge oder gar nicht bewegen. Die Inklusion kann nur gelingen, wenn alle Akteure bereit sind
sich zu vernetzen und gemeinsam am Ziel arbeiten.


Lösungsvorschläge:

  • Regelmäßiger Austausch aller Akteure auf Ebene von Kommunen, Kreisen und Land
  • Sicherstellung der aktiven Teilnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg an der Kommission Kinder- und Jugendhilfe
  • Erweiterung und klare Festlegung der Personalschlüssel in den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren mit Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung (SBBZ-E)
  • Aktive Zusammenarbeit der verschiedenen Systeme zur Schaffung flexibler Lösungen